"Kramer raus", schallte es nach der desaströsen 1:5-Pokalpleite des FC Schalke 04 bei der TSG Hoffenheim am Dienstagabend aus dem Gästeblock. Am nächsten Morgen folgte die sportliche Führung um Peter Knäbel und Rouven Schröder der Forderung der Fans. Nach gut dreieinhalb Monaten im Amt stellte sie Cheftrainer Frank Kramer frei.
Eine Entscheidung, die nach der fünften Niederlage in Serie alternativlos war. Die Königsblauen hatten es in Hoffenheim vollbracht, ihre zuvor schwächste Saisonleistung beim 0:4 gegen Bayer Leverkusen noch einmal zu unterbieten.
Kramers Aus war eines auf Raten. Seit dem Leverkusen-Spiel war er quasi auf Bewährung. Überhaupt war seine Amtszeit von Beginn an zum Scheitern verurteilt. Der Großteil der Fans stand ihm seit seiner Verpflichtung voreingenommen gegenüber. Überzeugende Gegenargumente konnte Kramer in zwölf Pflichtspielen nicht liefern. Eine sinnvolle Spielidee war unter seiner Führung nicht zu erkennen, die Verbannung von Rodrigo Zalazar auf die Bank zerrüttete das Verhältnis zwischen Coach und Anhang zusätzlich, auch Führungsspieler sollen sich angeblich gegen Kramer gewendet haben.
An der besorgniserregenden Zwischenbilanz von sechs Punkten, 10:24 Toren und dem vorletzten Tabellenplatz trägt der 50-jährige Bayer dennoch nur eine Teilschuld. Die Mannschaft, die Sportdirektor Rouven Schröder unter finanziellen Zwängen zusammenstellte, entpuppte sich bislang als nicht konkurrenzfähig. Abgewanderte Schlüsselspieler wie Ko Itakura wurden nicht adäquat ersetzt. Allen Mannschaftsteilen mangelt es an individueller Klasse und Tempo. Das fällt auf den rund um den Aufstieg noch so gefeierten Schröder zurück - genau wie die Entscheidung, Kramer trotz zweifelnder Stimmen zu holen. Nun erhält Schröder die Chance zur Korrektur.
Richtig ist jedenfalls die Entscheidung, Kramer nicht noch eine Frist bis zur Winterpause einzuräumen. Schalke braucht zwingend sofort einen neuen Impuls, um nicht schon vor der WM-Unterbrechung den Anschluss zu verlieren. Verlieren die Knappen gegen Hertha und punktet die Konkurrenz, könnte der Rückstand auf einen Nichtabstiegsplatz schon am Sonntag auf fünf Zähler anwachsen. Wer die Nachfolge Kramers antritt und ob der neue Mann schon in Berlin auf der Bank sitzen wird, ließ der Revierklub zunächst offen.
Auf der Hand liegt, dass sich alle im Verein hinterfragen müssen - Spieler, Trainerteam, Verantwortliche. Die Probleme werden sich durch den Trainerwechsel allein nicht in Luft auflösen, das zeigt der Verweis auf die Abstiegssaison, in der sich Schalke über weite Strecken in einer ähnlichen Verfassung wie zur Zeit präsentierte. Im damaligen Saisonverlauf standen vier Cheftrainer an der Seitenlinie. Keiner von ihnen konnte den Abwärtstrend stoppen.